Sonntag, 4. Mai 2014





Miss Positive: Sehen Sie mir meine Unruhe nach, ich bin wirklich zu ausgeschlafen.

Herr Professor: Ich nicht. Nach drei durchwachten Nächten verschwimmen die Uhrzeiten. Und bedenken Sie meinen Alkoholisierungsgrad. Aber ich merke, Sie langweilen sich.

Miss Positive: Nein ruhen Sie aus, ich genieße Sie. Darf ich Sie hier so ein wenig streicheln?

Herr Professor: Ein wenig, ja.

Miss Positive: Drei durchwachte Nächte...

Herr Professor: Vorgestern habe ich mir ein Näschen Speed andrehen lassen.

Miss Positive: Ja? So schauen Sie mir nicht aus, dass Sie sich auf so illegale Weise synthetisch Ihr nämliches Näschen pudern. Ich tue das ja nicht. Außer, höchstens hin und wieder, lasse ich mir MDMA angedeihen.

Herr Professor: Ahja. Ist ja ganz was Anderes. Da sind dann alle so lieb miteinander. Und alles ist so schön. Viel schöner als es ist. Sind Drogen nicht der Beweis für die Unzulänglichkeit der Schöpfung?

Miss Positive: Was meinen Sie mit der Unzulänglichkeit der Schöpfung?

Herr Professor: Die große Sehnsucht! Nach der Synthese. Danach, dass es anders ist, als es ist. Das hätte man so gern, dass man sich wiederholt...

Miss Positive: ...sich wieder holt!

Herr Professor: Ich spreche von der Verleugnung dessen, was tatsächlich die Wahrheit ist.



Miss Positive: Was gemeinhin, so im Alltag, als die Wahrheit gilt. Aber das ist sie ja nicht. Wir sind, was was wir sind, weil wir machen, was ist.

Herr Professor: Wir machen, was wir machen, weil wir sind, was wir sind.

Miss Positive: Das wollte ich nicht sagen.

Herr Professor: Nein, das ist das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben.

Miss Positive: Wir machen, was wir sind, weil wir sind, was ist.

Herr Professor: Das Ergebnis ist jedenfalls unzulänglich.

Miss Positive: Unzulänglich unserer Anschauung. Es ist gut dreimal so viel, als von uns gemacht wird. Stellen Sie unsere Gesellschaft ganz ohne Drogen vor. Sich nie dem Rausch und der Synthese hinzugeben. Stellen Sie sich nur gestern Abend ohne Alkohol vor.

Herr Professor: Zugegeben. Ohne Alkohol gäbe es viele Begegnungen nicht. Wir würden vielleicht überhaupt niemanden kennen lernen.

Miss Positive: Wahr! Als ich vier Jahre lang keinen Alkohol getrunken habe, verbrachte ich sechs Jahre in der gleichen Beziehung. Sie sind so groß. Und wohlproportioniert. Aber Ihr Bauch sieht aus, als könne er etwas zu Essen vertragen. Was möchten Sie frühstücken? Leider habe ich nicht viel anzubieten.

Herr Professor: Nichts, danke. Es ist nicht notwendig, dass ich jetzt etwas esse.

Miss Positive: Sie finden Essen überbewertet? Gut. Ich sehe das eigentlich auch so. Sollte man Sie zudecken? Nicht, dass Sie sich noch verkühlen bei mir. Ist diese Decke überhaupt lang genug?

Herr Professor: Nein. Es ist nie etwas lang genug. Ich bin eben so ein großes Gerät.

Miss Positive: Reicht es überall, oder fehlt es jetzt wo anders?

Herr Professor: Es geht. Und bei Ihnen?

Miss Positive: Hier, wenn ich näher an Sie heran komme, ist es gut.

Herr Professor: Gut. So halten Sie jetzt still.


Es ist genug

Wer redet, tritt auf
der Stelle (dem Standpunkt)
Raum, Ausdruck, Luft verschaffend

Eine Bestimmung
Konkretisierung
der Versuch einer Betonierung
in Betonung und Inhalt und Form

die Information
entkoppelt, verortet
multipliziert sich
der Meinung der Rezipierenden.

Zuhören ist produktiver als reden.